Britta Keber | Kevin A. Rausch

18. Nov - 11. Dez 2011

" spells "

BRITTA KEBER

„Im Erscheinen immer ständig wechselnder Zeichen und sich verdichtender Strukturen, vermitteln die Bilder B.Kebers  Sinnlichkeit und Spontaneität“
Dr. Gerwald Sonnberger

KEVIN. A. RAUSCH

„Hinter charmant – schüchterner Koketterie verbirgt sich ein ernstzunehmender, gerader Zugang zur Malerei und Zeichnung im Sinne einer konsequenten und jahrelang entwickelten,künstlerischen Vorgangsweise.“

18.November   –  11. Dezember 2011

Ausstellungseröffnung: Freitag, 18. November 20111 , 19:30 
Es spricht: Frau Mag.a Maria Christine Holter,Kunsthistorikerin, WienBegrüßung und Eröffnung durch Bürgergmeister Peter Groiss

BRITTA KEBER und KEVIN A. RAUSCH  –  SPELLS
Eröffnungsrede in der Galerie Schloss Puchheim am 18. November 2011

Guten Abend, sehr geehrte Damen und Herren!
Unter dem Titel SPELLS ist heute die Präsentation zweier Kunstschaffender zu sehen, die einer jungen, sehr dynamischen Künstlergeneration angehören, nämlich die Gemälde, Plastiken und Grafiken von Britta Keber und Kevin Aldo Rausch. Rausch wird Ihnen vielleicht noch von seiner fulminanten Ausstellung in Schloss Puchheim vor 3 Jahren unter dem Titel „Penthouse Asylanten“ bekannt sein, möglicherweise auch durch seine Teilnahme an der „Jungen Kunst“ in Linz und seine erfolgreiche Ausstellungstätigkeit im Salzburger Hangar 7 bzw. mit seiner Wiener Galerie Gerersdorfer.Es hat sich also in den vergangenen 3 Jahren sehr viel Positives bei dem 1980 in Wolfsberg in Kärnten geborenen und in Wien lebenden Künstler getan.Britta Keber, ebenfalls gebürtige Kärntnerin, ist Absolventin der Universität für angewandte Kunst, wo sie anfangs noch bei Maria Lassnig, dann bei Christian Ludwig Attersee studierte, mit Auszeichnung abschloss und seither erfolgreich im In- und Ausland künstlerisch agiert.Sie ist eine sehr vielseitige Persönlichkeit, bei der auch eine Karriere als Musikerin denkbar gewesen wäre: In ihrer Arbeit als Bildende Künstlerin verbindet sie beiden Begabungen, indem sie gemeinsam mit Klaus Paier, dem bekannten Akkordionisten, mehrere wunderschöne CD Editionen gestaltete. Paier solo oder mit seinem Trio steuerte die musikalischen Kompositionen bei, Keber die Grafik der CD Hüllen, bzw. im Falle der jüngsten CD „DRAGONFLY“ eine eigene fünfteilige, auf 50 Stück limitierte Siebdruckedition, die Sie heute hier sehen und erwerben können.Keber und Rausch verbindet eine seit ihrem ersten Zusammentreffen bei einer Kärntner Gruppenausstellung andauernde Freundschaft, die mit regem künstlerischen Austausch einhergeht. Interessant dabei ist, dass sie einander vermutlich auffielen, weil sie offensichtliche Übereinstimmungen in ihrer Malweise und Farbauffassung feststellten. Thematisch und formal, werden wir sehen, gibt es jedoch spannende Unterschiede, die auch im unterschiedlichen Temperament der beiden Künstler begründet sein mag.Der Titel SPELLS  für die gemeinsame aktuelle Ausstellung stammt von Britta Keber. Spell(s) ist ein sehr vieldeutiges englisches Vokabel und meint sowohl Zauber, Bann, aber auch eine bestimmte Wetterphase. Ich finde die Titelwahl sehr gelungen, weil damit zwei Hauptaspekte der heute ausgestellten Werke Kebers und Rauschs angesprochen werden:Bei Keber bezieht sich spells sehr deutlich auf das Wettergeschehen, genau genommen auf den maritimen Wetterbericht, der in englischer Sprache für Seeleute und Amateurseefahrer erstellt wird. In the next 24 hours spells of rain are possible… A spell of thunderstorms, a longer spell of quiet weather – diese Begriffe sind Keber schon seit ihrer Kindheit vertraut, verbringt sie doch seit je jeden Sommer auf dem Familiensegelboot vor der Insel Krk. Für die Segelturns, aber auch aus ästhetischen Gründen besorgt sie sich seit einigen Jahren die aktuellen Wetterkarten und lässt sie in ihre Malerei und Grafik einfließen.Rauschs Arbeiten haben mit dem meteorologischen Aspekt nichts zu tun. Spells im Sinne von Bann und Zauber trifft bei ihm viel eher den Punkt, wie wir nicht nur anhand seiner Gemälde, sondern auch seiner Plastiken feststellen können: Seine Papiermaschee-Gestalten mit dem Titel frust bekennt gestalt“, die schon in ähnlicher Ausführung 2008 die Galerie bevölkerten, haben auch heute nichts von ihrer Unheimlichkeit, ihrem dunklen Zauber eingebüßt. Sie sind ein bisschen wie ungebetene Gäste, die sich unbemerkt hereingeschlichen haben und einem die Partylaune verderben. Sie sind sehr persönliche Reflexe Rauschs auf globale Phänomene wie kriegerische Revolten, damit verbundener Migration und dem daraus resultierenden culture-clash. Rausch zog und zieht es immer wieder, wie erst kürzlich, von Wien nach Kairo, wo er schon 2005 artist in residence war. Wer Kairo kennt, weiß, dass es eine Stadt der Gegensätze ist. Nach der Arabischen Revolution und mit dem sehr wahrscheinlichen Aufstieg der islamischen Fundamentalisten nach den kommenden Wahlen, wird sich dieser Eindruck noch verstärken.Die Pappfiguren sind aber auch ein Seitenhieb auf den Kunstbetrieb und seinen commodities, mit denen jeder Künstler, jeder Künstlerin umzugehen lernen muss. Dies tut er mit einem für ihn sehr typischen Augenzwinkern, was den teils recht düsteren Arbeiten einen wohltuend ironischen Touch verleiht.Es lässt generell sich sagen, dass eine gewisse Leichtigkeit in die neuen Gemälde von Kevin A. Rausch Einzug gehalten hat. Die Palette hat sich aufgehellt, ist vielfältiger geworden, die Landschaften weniger bedrohlich und die Figuren wirken darin nicht mehr ganz so verloren, wie noch vor 3 Jahren. Vielmehr scheinen die Personen auf seinen Bildern einem Zauber erlegen, der von ihrer landschaftlichen Umgebung ausgeht und von ihnen auf die Betrachterin oder den Betrachter des Bildes überspringt. Rauschs stilistisch zwischen Retro und neuer Malerei angesiedelten Mischtechniken tragen Titel, die nicht nur etwas über die Thematik des Bildes, sondern auch einiges von der Persönlichkeit des Künstlers preisgeben, die ich als spontan, witzig, aber auch feinfühlig und durchaus tiefgründig charakterisieren würde: „rauschandberg“ – ein vieldeutiger Hinweis auf seine Herkunft im schönen, gebirgigen Kärntnerland, aber auch eine Referenz an den US-amerikanischen Künstler Robert Rauschenberg, der mit der Erfindung seiner combine paintings, Malerei und Plastik verbindenden Assemblagen, Kevin A. Rausch ein Seelenverwandter ist.Oder das Bild „caspar david lieblich“, ein Wortspiel mit dem Namen des berühmten norddeutschen Malers Caspar David Friedrich, der mit seinen in die Landschaft blickenden Repoussoirfiguren im „Wanderer über dem Nebelmeer“, oder in den „Kreidefelsen von Rügen“ das Ideal der deutschen Romantik verkörperte. Rauschs Titel birgt zudem eine gehörige Portion Selbstironie, denn auch seine Figuren sind oft von hehrer Einsamkeit oder melancholischem Sehnen ergriffen, und auch sie sind in einem das rein Landschaftliche transzendierenden Bezugsfeld dargestellt. der verweigerer“, „ein paradies quicker vögel“, oder auch „danach ein großes feuerwerk“(letzteres wieder ein gedankliches Mitbringsel aus Kairo), alle tragen sie ihre Geschichten, ihre Geschichte in sich, sind narrative, aber nicht geschwätzige Gemälde, vielmehr von der Emotion getragene, sensitive Zeugnisse eines weltoffenen und zugleich in sich hineinblickenden Künstlers, der genauso wie wir mit politisch, ökonomisch oder ökologisch bedingten Zukunftsängsten zu kämpfen hat.Im physisch-emotionalen malerischen Zugang, der an der sehr offenen, raschen Pinselführung, aber auch an der belassenen Transparenz der vielschichtigen Übermalung visuell nachzuvollziehen ist, schließt sich das Werk von Kevin A. Rausch wieder mit Britta Kebers zusammen. Gemeinsam ist ihnen auch die Vorliebe für grafische Einsprengsel, zeichnerische Kürzel in der Malerei sowie für kalte Farbtöne und die Nonfarben Schwarz, Weiß und Grau.„Das Grau hat ja alles!“, sagt Keber bei meinem Atelierbesuch. Und tatsächlich fängt das von Grautönen dominierte Acrylgemälde „Gedankenzimmer“ vor meinen Augen in rechtem Licht nuancenreich zu leuchten und farbig zu schillern an. Auch Kebers Weiß ist nicht bloß eines, sondern ein mehrfaches, vielfach erprobtes und weiterentwickeltes, so wie die Inuit viele Wörter für Schnee haben. Wie in der Musik variiert und improvisiert Keber über das selbstgewählte Thema.Ihre Sparsamkeit hinsichtlich Farbe und Form erweist sich bei genauerem Hinsehen als wahrer Reichtum: Hin und wieder blitzt in den lasierend gemalten Schichten ein kleiner farbiger Akzent auf, wie zum Beispiel ein wässriges Blau und pflanzliches Grün, oder auch Fragmente der dinglichen Wirklichkeit in Form von zeichnerischen Einschüben mit der schwarzen Kreide – Erinnerungsfetzen an die kroatische Hafen- und Werftlandschaft, Drahtwinden, Schäkel, Seile – die als visuelle Impulse in den Gemälden wieder auftauchen.Eben dort treffen wir auch auf die spells – handschriftliche, rudimentäre Zitate aus den bereits erwähnten Wetterberichten und -karten von Krk, die im Liniament der Keberschen Zeichnung nachklingen. Jede Arbeit wird so zur Bestandsaufnahme, zur Prognose über die eigene Befindlichkeit und Tagesverfassung – wild entschlossen und kraftvoll, oder feinnervig und verletzlich, so zeigt sich uns Britta Keber in ihren Gemälden und Grafiken. Sie macht daraus auch kein Hehl: „Das Papier ist mein Segel“ hat sie einmal poetisch eine Serie von Collagen benannt und damit auch treffend ihr künstlerisches Programm formuliert.Sehr geehrte Damen und Herrn, lassen Sie sich nun bei günstigem Wind durch diese besonders gelungene Doppelausstellung treiben und erliegen Sie, wie ich, dem spell, dem Zauber der Werke dieser beiden hervorragenden Maler.
© Maria Christine Holter, 2011